Mittwoch, 12. Dezember 2012

Sprüche und Gedanken....keine Zeit...

Um meinen letzten Beitrag zu ergänzen, will ich euch ein Video und einen Zeitungsartikel zeigen.
Vielleicht kennt es ja schon jemand von euch, denn es ging vor einiger Zeit durch die Medien.

Ich meine den Starviolinisten Joshua Bell, der mit der Washington Post ein Experiment durchführte. Der 40jährige New Yorker hatte sich gerade wegen eines Konzerts in Washington aufgehalten. Mit seiner 3,5 Millionen $ teuren Sradivari spielte der beliebte Musiker unerkannt, in Jeans und Tshirt in einer belebten Metrostation. Er wurde dabei mit versteckter Kamera gefilmt und von Beobachtern der Washington Post gefilmt. Im offenen Geigenkasten des Violinisten, der normalerweise höchste Konzertgage erhält, landeten gerade mal 32.17$ während der Dreiviertelstunde, die er dort spielte. Insgesamt gingen 1070 Passanten an ihm vorbei. (Das Experiment wurde beendet, als ihn eine Passantin ihn erkannte).


Das Experiment weckte das Interesse der Öffentlichkeit. Bei der Süddeutschen Zeitung heißt es:
"Für Joshua Bell war das offenbar ein gelungener Lernprozess über Kunstöffentlichkeit, den Wert des Künstlers und zudem eine Grenzerfahrung sein Tun und seinen Ruhm betreffend: "Wenn ich für Eintrittskartenbesitzer spiele, habe ich schon einen Wert. Da habe ich nicht das Gefühl, dass ich erst akzeptiert werden muss, denn da bin es bereits". Bell machte sich wohl schon vor dem Metro-Auftritt seine Gedanken über die neue Spiel- und Hörsituation, über seine "unbekannten" Zuhörer: "Was ist, wenn ich ihnen nicht gefalle? Was, wenn sie meine Anwesenheit übel nehmen?"

Da hat sich ein berühmter Musiker von den Medien überreden lassen zu einer raren, soziologisch aufschlussreichen Musikaktion, zu einem Selbstversuch mit dem Publikum als dem "flüchtigen" Wesen. Bar jeden Schutzes durch Karriere und Konzertsituation wollte Joshua Bell gewiss nicht nur sich und anderen einen Spaß machen, sondern auch erkennen, dass, umgekehrt, die alltäglichen, in allen Städten und Straßen der Welt von mittleren, kleinen und noch kleineren Musikern betriebenen ambulanten Klangaktionen auch Musik hervorbringen. Und dass sein eigener Status als Virtuose, als privilegierter, vom Erfolg verwöhnter Starmusiker auch dank dieser Erfahrung nicht ohne Verstörung bleibt."


Einen Moment des ganzen Experiments finde ich besonders beeindruckend? traurig? schön? Ich weiß nicht genau, wie ich es definieren soll. Auf jeden Fall geht eine Mutter mit ihrem 3-jährigen Sohn an Bell vorbei. Der Junge entdeckt den Violinisten und möchte stehen bleiben. Die Mutter hält ihn an der Hand und ist in Eile, zieht den kleinen Jungen weiter. Evan, wie der Kleine heißt, versucht stehen zu bleiben, da stellt sich die Mutter ins Blickfeld und zieht ihn weiter. Beim rausgehen versucht Evan dennoch immer und immer wieder nach dem Musiker zu schauen. Im Nachhinein wird die Mutter darauf angesprochen und erklärt, dass sie in Eile war und nicht wusste wer das war, aber dass ihr Sohn ein kluger Junge sein muss.

Seitdem ich diese Geschichte gelesen habe, bleibe ich viel öfters bei Straßenmusikern stehen und höre ihnen ein Weilchen zu. Mir wurde bewusst, wie vertieft man doch in seiner eigenen Welt ist. 
Ich erwarte nicht, einen berühmten Musiker vor mir zu entdecken, sondern ich merke, dass viele Straßenkünstler großes Talent haben. Sowohl ein musikalisches Talent als auch das Talent mich für einen Moment in eine andere Welt zu bringen. Ich fühle mich danach immer ein wenig beschwingter, glücklicher. Es ist ein kurzer Moment Glück.

Für alle, die das Video und die Geschichte noch nicht kennen, hier das Video und auch der Artikel der Washington Post: Pearls before Breakfast.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen