Hochzeit in China...

Bei meinem Aufenthalt in Peking 2012 hatte ich die einmalige Gelegenheit und war Gast auf einer chinesischen Hochzeit.
Mein netter Arbeitskollege Tong hatte ein paar "Westler" eingeladen, überwiegend waren es die Kollegen aus seiner Abteilung und ich wurde auch eingeladen. Ich fühle mich heute noch geehrt, denn wir haben uns gerade mal 4 Wochen gekannt.

Ich habe mich unheimlich gefreut, denn wie oft hat man schon die Gelegenheit Gast auf einer chinesischen Hochzeit zu sein?



Auf der Einladung stand als Uhrzeit 10 Uhr, aber nach Absprache mit einem anderen chinesischen Kollegen, sollten wir schon um kurz nach 9 da sein, denn üblicherweise finden vor der Zeremonie ein paar Spiele statt.
Also waren wir - typisch deutsch - pünktlich um 9 Uhr da... es waren auch schon sehr viele andere Gäste da und wir wenigen (um genau zu sein 5) Westler wurden von allen neugierig betrachtet. Dazu muss man sagen, dass es für unseren Kollegen Tong auch etwas besonderes war, dass wir da waren, denn so konnte er "angeben", dass er auch Westler kennt und einladen kann.
Wir kamen also an und haben uns erst mal eine Cola genommen - wir waren ja schließlich auch ein wenig aufgeregt. Und vor allem als wir bemerkt haben, dass die Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen waren... Es waren noch Horden an Dekorateuren da, die Blumen wurden gerade erst arrangiert, der Pavillon geschmückt, der Teppich ausgerollt, die Stühle gestellt, Bilder aufgestellt, Stühle umgestellt, Luftballons angebunden und und und... Ich habe selten etwas kitschigeres gesehen.
Aber wir haben einfach zugeschaut und festgestellt, dass wir wohl total ausflippen würden, wenn das unsere Hochzeit wäre ;-) Aber gut, so sind sie nun mal... ;-)
Das  ganze dauerte dann aber doch etwas länger und um 10.08 Uhr sollte die Zeremonie eigentlich losgehen (8, weil es die Glückszahl in China ist).
Durch verschiedene Verzögerungen kam das Brautpaar und die Brautgesellschaft erst um 10.20 Uhr. Wir waren in einem tollen Restaurant am Worker's Stadium und das Brautpaar musste mit dem Fahrrad eine Runde um das Stadion fahren (er lenkt, sie sitzt auf dem Gepäckträger).
Die Braut hatte entgegen meiner Erwartungen ein weißes, westliches Brautkleid an. Da war ich ja schon ein wenig enttäuscht. Li, ein anderer chinesischer Kollege, klärte mich dann auf, dass es inzwischen kaum noch junge Leute auf traditionell chinesische Art und Weise heiraten.

Bevor es dann mit der Zeremonie losging, hat die Braut noch ein anderes weißes Brautkleid angezogen und dann war man um 10.40 soweit anzufangen... ABER man kann ja nicht mit einer 4 in der Uhrzeit anfangen (denn 4 ist die Unglückszahl!). Also mussten wir bis 10.58 Uhr warten.
Die Zeremonie war auch eher eine Abhandlung westlicher Traditionen aus sämtlichen Hollywood Filmen.. es wurden Tauben in die Luft geschmissen, eine Torte angeschnitten (und dann wieder weg gebracht... wohin auch immer), eine Gläserpyramide mit Sekt gefüllt, usw.
und nach 15 Minuten war die Zeremonie vorbei und Tong und Suiran waren Mann und Frau! :)

Dann ging es in das Restaurant, wo gegessen, getrunken und gefeiert werden sollten. Insgesamt waren 160 Leute da und wir saßen mit unseren Arbeitskollegen zusammen (insgesamt 12 Leute). Unser Tisch befand sich auf einer Galerie, so dass wir nicht im großen, sehr lauten Raum, saßen. Auf der Galerie waren insgesamt 4 Tische.
Die Tische waren auch sehr interessant dekoriert... jeder hat ein kleines Gastgeschenk bekommen und in der Mitte des Tisches war das Hochzeitsgedeck:

Eine Flasche Cola, eine Flasche Rotwein, ein paar Sonnenblumenkerne (die Pekinger lieben ihre Sonnenblumenkerne und sie werden oft gereicht, damit die Zeit bis zum Essen überbrückt werden kann), Baijiu (Schnaps) und Zigaretten.

Es wurden Unmengen an Speisen gebracht, die unser Tisch aber restlos verputzt hat. (davon habe ich auch noch Fotos... die muss ich nochmal suchen und füge sie dann auch hier ein).

Das Brautpaar kam einmal an unseren Tisch und hat eine Runde Baijiue mit uns getrunken (wir waren der letzte Tisch, und da sie es bereits an 12 anderen Tischen gemacht hatten, könnt ihr euch vorstellen, in welcher Verfassung die beiden waren).

Aber wir haben munter weiter getrunken und plötzlich festgestellt, dass wir die letzten waren, die noch da waren. Unten war bereits fast alles aufgeräumt, die Braut hatte sich inzwischen schon wieder umgezogen und wir waren betrunken. Und es war gerade mal 13.30 Uhr! 

Ich habe selten eine so kurze und intensive Hochzeit miterlebt. 

Es war schön und genauso abrupt wie ich jetzt ende, hat auch die Feier geendet.